Schon das vierte Jahr in Folge beleuchten wir die Trends für den Servicemanagement-Bereich. 2021 drehte sich alles darum, die kurzfristigen Lösungen, die aufgrund der Covid-19-Pandemie nötig waren, in dauerhafte Konzepte umzuwandeln. Im Jahr 2022 werden wir mehr Zeit zur Planung unserer Strategie haben, um die Grundsteine für zukunftssichere Verbesserungen zu legen. Eines ist sicher: Die Pandemie hat sichtbare Spuren im Bereich des Servicemanagements hinterlassen. Im Folgenden gehen wir auf die Top 5 Trends im ITSM-Bereich für 2022 ein, die sich auf Ihre Strategie auswirken werden.

1. Das Mitarbeitererlebnis (EX) im Rahmen eines hybriden Arbeitsplatzes

Im Jahr 2021 ist klar geworden, dass wir nicht in den Büroalltag zurückkehren werden, den wir bislang kannten. Untersuchungen zeigen, dass 72% aller großen Firmen planen, eine hybride Arbeitsweise anzubieten.

Aber wie gelingt der hybride Arbeitsplatz? Darauf haben wir noch keine perfekte Antwort gefunden.

Die Covid-19-Pandemie hat es für IT-Organisationen spürbar schwerer gemacht, ein gutes Mitarbeitererlebnis (Employee experience – EX) zu bieten. Seit 2020 hat es sich als Standard etabliert, für alle Mitarbeiter im Homeoffice ein angemessenes IT-Umfeld bereitzustellen. Weiterhin sind die Erwartungen hinsichtlich des Arbeitens von zu Hause aus gestiegen. Zu Beginn der Pandemie konnten sich die meisten Mitarbeiter noch mit der nicht allzu perfekten Arbeitssituationen in ihrem Homeoffice anfreunden. Inzwischen steht allerdings fest, dass das Arbeiten von zu Hause die Norm bleiben wird. Ihre Mitarbeiter erwarten, dass sie zu Hause sowohl Hard- als auch Software auf einem Leistungsniveau wie im Büro zur Verfügung gestellt bekommen. Die Optimierung hybrider Arbeitsplätze wird für IT-Organisation weltweit ein wichtiges Thema sein. Brauchen Sie hierzu etwas Inspiration? In der Harvard Business Review-Veröffentlichung finden sich vier Strategien zum Schaffen eines hybriden Arbeitsplatzes.

2. Enterprise-Servicemanagement bleibt relevant

Der hybride Arbeitsplatz stellt eine Herausforderung dar, welche IT-Organisationen im Alleingang weder angehen können noch sollten. Die IT muss mit Facility-, HR- und anderen Abteilungen zusammenarbeiten, um ein gutes Mitarbeitererlebnis zu ermöglichen. Das zeigt uns, dass der Enterprise-Servicemanagement-Ansatz den gleichen Stellenwert einnimmt, wie eh und je.

Ziehen wir als Beispiel die Einrichtung eines Meetingraums heran. Dies stellte in der Vergangenheit hauptsächlich eine Zusammenarbeit zwischen der Facility- und der IT-Abteilung dar. Diese sorgten dafür, dass sowohl der Raum als auch dessen Möbel und technische Einrichtung auf Vor-Ort-Meetings und Videokonferenzen optimiert waren.

Aber wie sollen wir Meetings im Rahmen eines hybriden Arbeitsplatzes gestalten? Selbst wenn Mitarbeiter ins Büro kommen, werden nicht alle jeden Tag anwesend sein und definitiv nicht an denselben Tagen. Soll ein Teil der Mitarbeiter im Meetingraum des Büros sitzen, während der Rest per Videokonferenz teilnimmt? In der Vergangenheit stellte diese Methode den Standard für weltweite Meetings dar, sie hat aber Nachteile.

Mir gegenüber beklagten sich Mitarbeiter, die bei solchen Meetings digital dabei waren, dass sie nicht das Gefühl hatten, wirklich am Gespräch teilzunehmen. Sie haben sich distanziert gefühlt. Wenn sich alle in dasselbe Meeting in Microsoft Teams einwählen, haben die Teilnehmer das Gefühl von Augenhöhe. Organisation müssen sich somit überlegen, wie Mitarbeiter und Teams am besten zusammenarbeiten sollten und wie der Arbeitsplatz dazu aussehen sollte, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

Eine Zusammenarbeit mit der HR-Abteilung nimmt dabei einen noch höheren Stellenwert für IT-Abteilungen ein. Ihre HR-Abteilung kann Sie nicht nur bei der Handhabung von Stress oder Burnouts in Zusammenhang mit Covid-19 beraten. Sie kann Ihnen auch dabei helfen, einen Überblick der Mitarbeiterzufriedenheit zu erhalten und zu identifizieren, wie Ihre IT- und Facility-Infrastruktur dazu beitragen.

3. Eine auf Vertrauen und Wohlfühlen aufgebaute Unternehmenskultur

Während der letzten Jahre konnten wir eine Abnahme der Beliebtheit des traditionellen „Command and Control“-Ansatzes in der Organisationsführung beobachten. Die Entwicklung geht stattdessen in Richtung der Förderung der Selbstständigkeit der Mitarbeiter. Ihnen wird die Verantwortlichkeit und Freiheit eingeräumt, eigene Entscheidungen zu treffen und darauf zu vertrauen, dass es die richtigen Entscheidungen sind.

Durch die Covid-19-Pandemie hat sich diese Entwicklung dramatisch beschleunigt. Wenn jeder im Homeoffice arbeitet, bleibt Ihnen nicht viel anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass Ihre Teammitglieder ihre Arbeitszeit klug einsetzen, oder?

Naja, fast richtig.

In einem aufschlussreichen Crowd-Sourced-Artikel über ITSM-Tools stellt Karen Ferris fest, dass die Verwaltung eines hybriden Teams für viele Vorgesetzten Neuland ist. „Im März und April 2020 ist die Nachfrage nach Mitarbeiter-Überwachungssoftware um rund 80% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen“. Ferris weiter: „Wir müssen einen fundamentalen Wandel von Anweisungen und Kontrolle zu Eigenständigkeit und Vertrauen schaffen. Dazu brauchen wir Anführer mit Einfühlsamkeit, Fürsorge und Mitgefühl.“

2022 bietet sich an, Wege zu finden, wie Ihr Team den Übergang zu einer vertrauensbasierten Unternehmenskultur stemmen kann.

4. Process hacking: Die Rückkehr von Pragmatik und Best Pratices

Wir konnten bei IT-Fachkräften eine immer pragmatischere Einstellung beobachten. Wie kam das? Die Erwartungen an IT-Services steigen immer weiter und Melder erwarten, Support nach ihren Vorstellungen zu erhalten. Das alles unter der Prämisse, dass das Budget gleichbleibt oder sogar verringert wird. Viele IT-Teams müssen mehr Arbeit mit weniger Mitarbeitern verrichten. Kurz gesagt: Viele Organisationen verfügen nicht mehr über die Zeit, für jeden Melder das Rad neu zu erfinden. Daraus ergeht ein Bedürfnis, Mittel zu finden, Ihre Arbeitsweise zu standardisieren, damit alles smarter und einfacher abläuft.

Aus diesem Grund verzeichnen wir eine erhöhte Nachfrage nach dem, was wir als „process hacking“ bezeichnen: Wege zu finden, Vorgehensweisen mit wenig Aufwand so zu ändern, dass sie eine große positive Wirkung erzielen. IT-Organisationen suchen nach Standardlösungen, die schnell implementiert werden können und den Bedürfnissen gerecht werden. Beispiele dafür sind Best Practices oder sonstige bewährte Methoden, die nachweislich funktionieren.

Das Interesse an Best Practices ist nichts Neues. Es besteht schon immer. Die Pandemie hat jedoch die Dringlichkeit des Bestehens von Best Practices in den Vordergrund gerückt und gezeigt, wie wichtig es ist, dass diese pragmatisch umgesetzt werden. Es treten weniger IT-Fachkräfte an uns mit der Bitte heran, spezifisch an sie angepasste Organisationsprozesse komplett neu zu erstellen. Das wäre viel zu zeitaufwändig für IT-Organisationen, die jeden Tag damit beschäftigt sind, Feuerwehr zu spielen. Stattdessen wird uns folgende Frage gestellt: Welcher Prozess hat für Organisationen wie meine gut funktioniert? Können wir den nicht einfach implementieren und bei Bedarf anpassen?

Eins ist klar: Im Jahr 2022 werden wir jene Prozesse weiter verbessern, die im Jahr 2020 schnell zusammengebastelt wurden. Es wird dafür gesorgt, dass entsprechende Kontrollen und Gegenkontrollen hinzugefügt werden. Dennoch wird ein gewisser Sinn für Pragmatismus bleiben. Es ist unwahrscheinlich, dass wir beispielsweise zum viel zu komplizierten Prozess zurückkehren, dass das CAB jeden Request for Change genehmigen muss. Im Jahr 2022 geht es nicht darum, das Rad neu zu erfinden. Vielmehr werden „process hacking“ und die Implementierung und Aneignung bewährter Methoden in kleinen Schritten in den Fokus rücken und einen immer größer werdenden Stellenwert in IT-Organisationen einnehmen.

5. Automatisierung: Von einfacher Automatisierung bis hin zu KI-gesteuerten Lösungen

Wie können Sie Ihre Services mit einem kleinen Budget und wenig freien Kapazitäten Ihrer Mitarbeiter verbessern? IT-Organisation betrachten schon immer die Automatisierung als einen großen Faktor in Sachen Zeiteinsparung.

Die Automatisierung stellt selbstverständlich keinen neuen Trend dar. In der von ITSM.tools durchgeführten Jahresbefragung von IT-Fachkräften fand sich die Automatisierung konstant bei den fünf meistgenannten Themen und hat im Jahr 2021 dritten Platz eingenommen.

Manche dieser Automatisierungslösungen werden KI-gesteuert sein, wie beispielsweise virtuelle Servicedesk-Agenten und die Datenanalyse. Das trifft allerdings nur auf die wenigsten zu. Wir sehen nach wie vor sehr viel Potenzial in dem, was IT-Organisationen durch die Automatisierung relativ einfacher Anfragen erreichen können, wie z.B. beim Zurücksetzen von Passwörtern oder einer automatischen Incident-Zuordnung. Bei den meisten Organisationen ist es sinnvoller, sich auf solche Quick Wins zu konzentrieren, anstatt zu versuchen, eine komplexe KI-Technologie zu implementieren, mit der auch nicht garantiert ist, dass die gewünschten Ergebnisse erzielt werden. In den kommenden Jahren wird die Entwicklung der KI-Technologie weiter voranschreiten und immer mehr von dem erfüllen, was viele seit Jahren von ihr versprechen.

2022: Umdenken und neu machen

Im neuen Jahr wird sich alles darum drehen, die Grundlagen für strategischer agierende und zukunftssichere Servicedesks zu legen. Organisation werden sich damit beschäftigen, den hybriden Arbeitsplatz, der durch die Covid-19-Pandemie vorangetrieben wurde, weiter zu perfektionieren, während gleichzeitig eine Unternehmenskultur gefördert wird, die auf Vertrauen in die Mitarbeiter und deren Wohlfühlen basiert. Es ist dabei nicht überraschend, dass Automatisierung und KI weiter mit einfließen und eine immer wichtigere Rolle einnehmen werden. Auf eine Entwicklung freuen wir uns im Jahr 2022 aber besonders: „Process hacking“ – also herauszufinden, was für Ihre IT-Organisation am besten funktioniert und dabei möglichst smart und einfach bleibt, statt auf übermäßig komplexe Prozesse zu setzen.

Möchten Sie sich weiterhin über die neuesten Trends des Servicemanagement informieren?

Abonnieren Sie unseren Service Excellence Blog. Wir versorgen Sie weiterhin mit Trends und Themen wie Agile und Enterprise-Servicemanagement, Knowledgemanagement, Self Service, Künstliche Intelligenz und Servicekultur.